Aufgehellt
Aufgehellt "Goldgelb" intensiv und aufgehellt "Zitrongelb" intensiv

Ein rein gelber Kanarienvogel ist bei den meisten Menschen DER Kanarienvogel schlechthin. Das es noch viele weitere Farben bei den Kanarien gibt, ist vielen Menschen nicht bekannt.

Inhaltsverzeichnis

Variationen der gelben Gefiederfarbe

Aufgehellt gelbe Kanarien sind die bekanntesten Formen, die deshalb auch den Namen „Gelber Sänger“ bekamen.

Es gibt zwei grundsätzliche Gelbtöne, die im Sprachgebrauch als „Goldgelb“ (entspricht RAL 1021 Rapsgelb) und als „Zitrongelb“ (entspricht RAL 1016 Schwefelgelb) bezeichnet werden. Die letztere Form wird international bei Bewertungen bevorzugt.

Darüber hinaus sind im Laufe der Geschichte Mutationen aufgetreten:

  • Ivoor (früher „Elfenbein“ oder Lipochrom-Pastell genannt), schwächt das kräftige Gelb zu einem hellen zarten Gelb ab. Diese Mutation vererbt sich geschlechtsgebunden rezessiv.
  • Urucum oder Gelbschnabel, lagert gelbes Lipochrom deutlich in Schnabel, Läufe, Zehen und Krallen ab und weitet sich auch bis in den Unterbauch aus, der sonst weißlich ist. Diese Mutation vererbt sich frei und rezessiv.
  • Weißflügel, die Schwung- und Schwanzfedern lagern im Idealfall keine gelben Lipochrome ab, sodass diese weiß bleiben.
Zitrongelbivoor nichtintensiv
Zitrongelbivoor nichtintensiv
Gelb Weißflügel intensiv
Gelb Weißflügel intensiv
Gelbschnabel intensiv
Urucum Gelb oder Gelbschnabel intensiv
Gelbmosaik Typ 2
Gelbmosaik Typ 2

Hinzu kommen die drei Intensitäten, die als „Kategorie“ bewertet werden: nichtintensiv, intensiv und Mosaik (Typ 1 und Typ 2). Die Intensität ändert noch einmal das Erscheinungsbild deutlich und kommt bei allen o. g. Gelbvögeln und ihren Mutationen vor.

Alle diese gelben Grundfarben mit ihren drei Intensitäten lassen sich mit allen klassischen und nichtklassischen Melaninvögeln kombinieren.

Die Geschichte der gelben Kanarien

Bereits im 16. Jahrhundert züchtete man in Spanien die von den Kanarischen Inseln stammenden Kanarengirlitze (Serinus canaria). Es ist sehr wahrscheinlich, dass bereits in dieser Zeit Jungvögel auftraten, die einzelne melaninfreie – und damit reingelbe – Federn besaßen. Sie waren also gescheckt und galten als etwas Besonderes. Verpaart man diese gescheckten Vögel miteinander, entstehen Vögel, die noch mehr helle gelbe Federn besitzen. Letztendlich entstehen so reingelbe Kanarienvögel. Nur die Augen haben noch Melanin und sind deshalb schwarz. Rein gelbe Kanarien sind also auch heute noch, genetisch betrachtet, Schecken.

Kanarengirlitz Männchen
Kanarengirlitz Männchen

Die Verdrängung der dunklen Melanine

Bereits im frühen Embryonalstadium wandern die Melaninzellen aus der Neuralleiste in die zu färbenden Körperteile. Diese Wanderung oder Migration wird durch ein oder mehrere Gene gesteuert. Mutieren diese Gene, wird die Migration teilweise oder vollständig verhindert. Bei einer nur teilweisen Migration entstehen gescheckte Vögel, Biologen sprechen vom abgeschwächten Leuzismus oder vom Teil-Leuzismus.

Eine vollständige Verhinderung der Migration bewirkt melaninfreie Vögel mit dunklen Augen. In der Biologie wird dies als vollständiger Leuzismus (Farblosigkeit) bezeichnet. Nur Kanarienzüchter nennen diese leuzistischen Vögel „Lipochromvögel“ oder – etwas exakter – „aufgehellte Vögel“, da sie keine sichtbaren dunklen Melanine im Gefieder zeigen.

Wir wissen heute, dass die gelbe (und rote) Gefiederfarbe eingelagerte Carotinoide sind. Nur die Kanarienzüchter verwenden bis heute für diese Carotinoide den alten Begriff „Lipochrom“, was Fettfarbe bedeutet.

Zu den „Lipochromvögeln“ werden leider immer noch aufgehellt weiße Kanarien gezählt, obwohl diese kein oder nur sehr wenig Lipochrome im Gefieder haben.

Die Entstehung der gelben Kanarienfarbe

Vögel können Carotinoide nicht selbst erzeugen, sondern müssen sie mit der Nahrung aufnehmen. Die Carotinoide werden im Darm aufgesogen, über Lipoproteine im Blut- und Lymphkreislauf transportiert, durch ein körpereigenes Enzymsystem um- bzw. abgebaut und schließlich in der Leber und in der Haut eingelagert und gespeichert.

Für die zelluläre Aufnahme der Carotinoide ist das Transportprotein SCARB1 (auch als SR-B1 bezeichnet) zuständig, das von einem gleichnamigen Gen im Chromosom 15 kodiert wird. Ist dieses Gen mutiert, können keine Carotinoide aufgenommen und somit auch keinerlei Lipochrom gebildet werden. Wir erhalten die rezessivweißen Kanarien. [1] [2]

Auf dem Chromosom 25 befindet sich eine Gengruppe die als EDC (Epidermal Differentiation Complex mit den identifizierten Genen EDMY1, EDbeta, EDMTFH, EDMTF4, EDMPN-L, EDMTF2) bezeichnet wird. Diese Gene sind für die Einlagerung der Carotinoide in der Haut und der Federn verantwortlich. Ist eines dieser Gene mutiert, wird die Einlagerung der Carotinoide gestört. Wir erhalten die dominantweißen Kanarien. [3]

Auf dem Chromosom 8 finden befindet sich das Gen CYP2J19, das das Protein P450 codiert. Wenn das Gen CYP2J19 nicht oder fast nicht aktiv ist, wird kein oder wenig Protein P450 erzeugt und der Vogel bekommt gelbe Federn. Ist die Aktivität jedoch sehr hoch (bis zum 1000fachen), produziert das Protein roten Gefiederfarbstoff. [1] [2]

Lipochromsynthese
Lipochromsynthese - Dosiseffekt vom gelben zum roten Lipochrom

Die Enzyme BCO1 und BCO2 (Beta-Carotin-Oxygenase 1 und 2) spalten die aufgenommenen Carotinoide in Vitamin A und in körpereigene Carotinoide (Lipochrome) auf. Mutationen dieser Enzyme können zu einer erhöhten Anhäufung von Carotinoiden in tierischen Geweben führen, was sich auf die Färbung des Phänotyps auswirkt. [4] [5] So ist eine Mutation des BCO2-Enzyms für die Kanarienmutation „Urucum“ verantwortlich. [6]

Bei Mosaikkanarienvögeln haben Forschungsteams herausgefunden, dass die BC02-Aktivität zwischen den Geschlechtern unterschiedlich ist. Weibliche Mosaikkanarienvögel bilden größere Mengen des Enzyms als männliche. [7]

Text: Norbert Schramm

Quellen und Literatur

[1] Lopes, R. J.; Johnson, J. D.; Toomey, M. B.; Ferreira, M. S.; Araujo, P. M.; Melo-Ferreira, J.; Andersson, L.; Hill, G. E.; Corbo, J. C. und Carneiro, M.: Genetic Basis for Red Coloration in Birds. Current Biology, 26. Unter: https://www.researchgate.net/publication/303370288_Genetic_Basis_for_Red_Coloration_in_Birds [abgerufen 17.07.2023].

[2] Mundy, N. I.; Stapley J.; Bennison, C.; Tucker, R.; Twyman, H.; Kang-Wook Kim; Burke, T.; Birkhead, T. R.; Andersson, S.; und Slate, J.: Red Ketocarotenoid Pigmentation in the Zebra Finch Is Controlled by a Cytochrome P450 Gene Cluster. Current Biology, 26. Online publiziert vor dem Druck am 19. Mai 2016. Unter: http://www.forbes.com/sites/grrlscientist/2016/05/20/how-birds-became-red/#646ab138127c [abgerufen 17.07.2023].

[3] Boning Xue, Yanyun Zhang, Lu Dong: The formation and mechanism of plumage color diversity based on carotenoid pigmentation. Biodiv Sci, 2021, 29(6): 843-854. Unter: https://www.biodiversity-science.net/EN/10.17520/biods.2020382 [abgerufen 14.07.2023]

[4] Toews DPL, Hofmeister NR, Taylor SA (2017) The evolution and genetics of carotenoid processing in animals. Trends in Genetics, 33, 171–182. Unter: https://doi.org/10.1016/j.tig.2017.01.002

[5] Toews DPL, Taylor SA, Vallender R, Brelsford A, Butcher BG, Messer PW, Lovette IJ (2016) Plumage genes and little else distinguish the genomes of hybridizing warblers. Current Biology, 26, 2313–2318. Unter: https://doi.org/10.5061/dryad.kb610

[[6] Gazda MA, Toomey MB, Araújo PM, Lopes RJ, Afonso S, Myers CA, Serres K, Kiser PD, Hill GE, Corbo JC, Carneiro M (2020b) Genetic basis of de novo appearance of carotenoid ornamentation in bare parts of canaries. Molecular Biology and Evolution, 37, 1317–1328. Unter: https://doi.org/10.1093/molbev/msaa006

[7] Alfonzetti, M.: Transgenia nei canarini: il lipocromo rosso. Italia Ornitologica 3/2023

Norbert Schramm: Kompendium-Kanarien, Band 2. Books on Demand, Norderstedt, 2017.

Fachgruppe im DKB

Für Farbenkanarien ist im Deutschen Kanarien- und Vogelzüchter-Bund e.V. die Fachgruppe der Farben- und Positurkanarien zuständig.

Im Bereich der Sachkunde findet man Erstinformationen zur Kanarienhaltung.

Fragen zu gelben Farbenkanarien

Wir haben alles Wesentliche zu den gelben Farbenkanarien hier aufgeführt. Bei Anregungen oder Fragen, kontaktieren Sie uns gern.

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